Alles beim Alten? Nicht ganz!

Der Luzerner Bildungsdirektor Reto Wyss bei einem kürzlichen Schulbesuch in Ebikon. Bild apimedia

Interview mit Bildungsdirektor Reto Wyss zum Schulbeginn

Neues Schuljahr, neue Regeln. Das gilt auch diesen Sommer wieder. Der Luzerner Bildungsdirektor Reto Wyss sagt, was sich ab dem 22. August verändert hat.

Der Luzerner Bildungsdirektor Reto Wyss bei einem kürzlichen Schulbesuch in Ebikon. Bild apimedia
Der Luzerner Bildungsdirektor Reto Wyss bei einem kürzlichen Schulbesuch in Ebikon. Bild apimedia

Reto Wyss, am 1. August trat das revidierte Volksschulbildungsgesetz in Kraft. Welches sind die wesentlichen Neuerungen?
Für die Kinder und Eltern ändert sich kaum etwas. Ausser, dass der Schuleintritt um drei Monate nach hinten verlegt wird. Das heisst: Die Kinder können bei ihrem Eintritt in den Kindergarten oder in die Basisstufe bereits 5-jährig sein. Bisher lag der Schuleintritt spätestens bei 4 ¾ Jahren. Es ist aber weiterhin möglich, ein Jahr früher einzutreten. In der Regel aber nicht mehr vor dem erfüllten 4. Altersjahr.

Weshalb diese Anpassung?
Es wurde festgestellt, dass das Schuleintrittsalter zwischen 3 ¾ und 4 ¾ Jahren doch recht tief war. Zudem beendeten einige Jugendliche bereits vor ihrem 15. Geburtstag die obligatorische Schule. Um eine Berufslehre antreten zu können, benötigten sie jeweils eine Ausnahmebewilligung. Dank der neuen gesetzlichen Regelung und dem 2-jährigen Kindergarten, den die Gemeinden mit Beginn des neuen Schuljahres anbieten müssen, besteht dieses Problem kaum mehr.

Worum geht es bei der «Frühen Sprachförderung», die nun ebenfalls gesetzlich verankert ist?
Tatsache ist, dass Schüler mit guten Deutschkenntnissen bessere Chancen auf eine erfolgreiche Schullaufbahn haben. Mit der «Frühen Sprachförderung», für deren Umsetzung die Gemeinden noch zwei Jahre Zeit haben, wollen wir diese Sprachkompetenzen verbessern. Ich gehe nicht davon aus, dass die Gemeinden nun eigene Angebote auf die Beine stellen. Denkbar ist aber, dass Kinder mit ungenügenden Deutschkenntnissen während zwei Halbtagen pro Woche eine bestehende Spielgruppe besuchen, wo sie automatisch sprachlich gefördert werden.

Wer bestimmt, ob ein Kind zusätzlich gefördert werden muss?
Die Schulleitung schickt den Eltern – zusammen mit den Anmeldeunterlagen für den Kindergarten – einen Sprachfragebogen und beurteilt dann anhand der Antwort, ob eine zusätzliche Sprachförderung nötig ist. In den sozialraumorientierten Schulen des Kantons wird die frühe Sprachförderung bereits erfolgreich praktiziert.

Können Sie ein Beispiel nennen?
In Nebikon gehen die Verantwortlichen persönlich bei fremdsprachigen Familien vorbei und ermutigen die Eltern, ihr Kind in die Spielgruppe zu schicken. Finanziell ist dieser Besuch trotz eines Gemeindebeitrags sinnvoll, denn zusätzliche Deutsch-Lektionen sind wesentlich teurer. Das Angebot richtet sich aber nicht nur an fremdsprachige Kinder: Es kann auch von Schweizer Kindern genutzt werden, die beim Kindergarteneintritt über einen mangelhaften Wortschatz verfügen.

Auch die Führungsstrukturen in den Schulen wurden revidiert. Weshalb?
Seit 15 Jahren werden unsere Schulen von Schulleitungen geführt. In vielen Gemeinden gibt es zusätzlich eine Schulpflege, die ebenfalls operativ tätig ist. Die Zuständigkeitsbereiche sollen nun entflochten werden. Gemäss neuem Gesetz kümmern sich die Schulleitungen künftig auch um Personalfragen, also um Anstellungen, Kündigungen oder Wahlen. Die Schulpflegen, die neu «Bildungskommissionen» heissen, sind dann nur noch für übergeordnete Entscheide zuständig. Das heisst, sie genehmigen ein Leitbild, wählen die Schulleitung und kümmern sich um die Aufsicht. Für die Umsetzung dieser Regelung haben die Gemeinden noch vier Jahre Zeit. Die Gemeinden können aber auch nur eine beratende Kommission einsetzen, wie dies bereits in rund 15 Gemeinden praktiziert wird.

In einem Jahr wird der Lehrplan 21 auf der Primarstufe eingeführt. Sind die Lehrpersonen für diesen Meilenstein gerüstet?
Wir sind auf gutem Weg. Dennoch liegt hier das Schwergewicht auf dem neuen Schuljahr. Auf der einen Seite werden die schulinternen Einführungen fortgesetzt. Auf der anderen Seite muss jede Primarlehrperson einen der über 120 Kurse besuchen, welche die Pädagogische Hochschule Luzern im Zusammenhang mit dem Lehrplan 21 anbietet.

Interview: Alex Piazza