Für eine Kirche mit den Frauen

LUZERN/ADLIGENSWIL – Herbert-Haag-Preise werden am 19. März 2017 in Luzern übergeben

Lehrverbote für Personen, die sich mit Zeitfragen befassen, die der Hierarchie nicht passen, gibt es in der katholischen Kirche auch unter Papst Franziskus. Es ist wohl mehr als Zufall, dass solche Verbote aktuell eher Frauen treffen als Männer.

ah. Der von den letzten Päpsten tabuisierte und gar verbotene Diskurs über eine Kirche mit den Frauen, wirkt sich nach wie vor verheerend aus. Auf diese Zusammenhänge macht die Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche aufmerksam, indem sie im März 2017 zwei mit Lehrverboten bestrafte Ordensfrauen und zwei Basis-Initiativen zur Frauenfrage in der Kirche auszeichnet.

Die spanische Ordensfrau Mercedes Navarro Puerto (Madrid) und die kroatische Ordensfrau Jadranka Rebeka Anić (Split) befassen sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit beide mit der Unterordnung der Frauen in Familie, Gesellschaft, Politik und Kirche. Sie zeigen auf, dass eine sachlich falsche Berufung auf Bibel und Kirchenpraxis zur Diskriminierung der Frauen beigetragen hat. Und dies mit Folgen in Kirche und Gesellschaft bis in die Gegenwart hinein.

Konservative Kirchenmänner verurteilen sie als «Gender-Ideologinnen», und beide dürfen nicht mehr an katholischen Hochschulen und Universitäten lehren. Doch sie engagieren sich mutig weiterhin für ihre Anliegen, unterstützt durch ihre Ordensgemeinschaften.

Für eine «Kirche mit den Frauen» ist diesen Sommer eine Pilgergruppe von St. Gallen aus nach Rom gewandert, um dort einen Brief an Papst Franziskus abzugeben. Darin umschreiben sie ihre Besorgnis, aber auch ihre Hoffnung: «Wir wünschen uns, dass Männer der Kirche in Zukunft nicht mehr ohne Frauen über deren Stellung, Rolle und Funktion nachdenken. Und nicht mehr ohne Frauen über die Belange der Kirche entscheiden». Mit in Rom dabei waren die Bischöfe Markus Büchel (Bistum St. Gallen) und Felix Gmür (Bistum Basel) sowie Abt Urban Federer (Einsiedeln).

Zur gleichen Zeit sprach eine Delegation der Basler Kantonalkirchen bei der vatikanischen Glaubenskongregation vor, um dort für gleiche Rechte von Frau und Mann in der Kirche einzutreten. Dazu sind sie auf Grund einer Gleichstellungsinitiative verpflichtet. Einen entsprechenden Passus haben die Katholikinnen und Katholiken 2014 in einer Volksabstimmung mit grossem Mehr in den Kirchenverfassungen festgeschrieben.

Die Herbert Haag Stiftung würdigt beide Initiativgruppen und die beiden Ordensfrauen mit dem «Preis für Freiheit in der Kirche», weil es ihrer Meinung nach nicht sein darf, dass die katholische Kirche nach überholtem Verständnis noch immer die Hälfte der Menschen aufgrund des Geschlechts aus dieser Freiheit ausschliesst und diskriminiert. Die vier Herbert-Haag-Preise 2017 sollen bewusst machen, dass wahrer Glaube sich nur aus dem freien Wort entfalten kann, und dass die Kirche nur mit den Frauen eine Zukunft hat.

Die Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche wurde 1985 von Herbert Haag, Professor der Theologie an der Universität Tübingen, gegründet. Sie hat ihren Sitz in Luzern. Mehr Infos unter www.herberthaag-stiftung.ch

Andreas Heggli