Daniela Chirici will Eltern mit ADHS-betroffenen Kindern helfen

Daniela Chirici ist Mutter eines von ADHS betroffenen Sohnes, den sie seit 20 Jahre nach Kräften unterstützt. Bild zVg.

Im vergangenen Jahr konnte man in den Medien lesen, dass die Zahl der Kinder mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitäts-Störung) nach dem Lockdown stark zugenommen hat. Was das Leben mit einem betroffenen Kind bedeutet, hat Daniela Chirici aus Root mit ihrem älteren Sohn Kilian hautnah erlebt. Um aufzuklären, vor allem aber um anderen Müttern oder Familien zu helfen und ihnen Mut zu machen, hat sie ihre Erfahrungen in einem Buch festgehalten, das es sogar bis an die Frankfurter Buchmesse geschafft hat.

Schon als Kilian ein Kleinkind war, merkte Daniela Chirici, dass er anders war als andere Kinder: immer aktiv und sehr impulsiv. Sie suchte die Schuld für sein Verhalten bei sich, zweifelte an ihren erzieherischen Fähigkeiten, nicht zuletzt weil sie von ihrem Umfeld oft angegriffen wurde und sich andere Mütter von ihr abwandten. Erst im Kindergarten wurde Daniela Chirici mit der Vermutung auf ADHS bei Kilian konfrontiert und leitete die ersten Schritte ein. Es folgten umfassende Abklärungen, die den Verdacht der Kindergärtnerin schliesslich bestätigten. «Schade, dass bis dahin schon wertvolle Zeit verstrichen war», bedauert die zweifache Mutter. Sie begann, sich intensiv mit dem Thema zu befassen, und trat einer Elterngesprächsgruppe bei. «Endlich habe ich gemerkt, dass ich nicht daneben bin», stellte sie erleichtert fest, «alle kämpften mit ähnlichen Schwierigkeiten.»

Mittlerweile ist Kilian 20 Jahre alt und hat gelernt, mit seiner Besonderheit umzugehen. «Er kennt seine Stärken und Schwächen und steht zu seinem ADHS», sagt die Mutter und ist glücklich darüber, dass er dank einem sehr guten Betreuer in der Schreinerei der Stiftung Brändi eine praktische Anlehre machen konnte, auf die er aufbauen kann, wenn er so weit ist.

Hinter diesem Erfolg liegt aber ein langer, beschwerlicher Weg. «Er hatte eine schwere Schulkarriere», erinnert sich Daniela Chirici. Mehrmals war sie gezwungen, eine neue Schule für ihren Sohn zu finden, in der er seinen Fähigkeiten entsprechend gefördert wurde und sich integrieren konnte. Damit verbunden waren auch immer kräfteraubende Auseinandersetzungen mit Behörden und Institutionen. «Wenn ich nicht immer geschaut und gekämpft hätte, wäre er verloren gewesen», ist sie überzeugt. Im Buch gibt sie Einblicke über all diese Jahre, in denen es viele Rückschläge gab, sich aber auch immer wieder ein Türchen öffnete. Eine Erkenntnis zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Zeit: «Man darf nicht aufgeben, dranbleiben lohnt sich.»

Hilfreich für Daniela Chirici und für Kilian war nebst dem intensiven Austausch mit der Schule und Psychologen auch der Verhaltenstherapeut, den Kilian zehn Jahre lang alleine oder gelegentlich zusammen mit seiner Mutter besuchte. Zudem war und ist Aufklärungsarbeit für sie immer sehr wichtig. So hat sie sich einige Jahre ehrenamtlich in der ADHS-Organisation engagiert und hat eingewilligt, als das Schweizer Fernsehen eine DOK-Sendung über ADHS drehen wollte. Über einen Zeitraum von zehn Jahren, hat die Reporterin Michéle Sauvain Kilian, sein Bruder und seine Mutter begleitet. Daraus sind zwei DOK Filme entstanden: „Hyperaktive Kinder, Modeerscheinung oder Warnsingnal“ 2011 und „Leben mit ADHS“ 2017 sowie die Reportage „Kilian- Eine Kindheit mit ADHS“ 2020. Zudem hat sich die ausgebildete Krankenschwester zur Elternberaterin und später zur Entwicklungs- und Lerntherapeutin weitergebildet – Kompetenzen, mit denen sie heute in einer spezialisierten Praxisgemeinschaft vielen Kindern und deren Eltern helfen kann.

Sonja Hablützel