Handlungsbedarf besteht auf allen Ebenen

Autismus Schweiz begrüsst die Erkenntnisse aus dem soeben veröffentlichten Forschungsbericht «Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene: Frühkindliche Entwicklungsstörungen und Invalidität» sowie die Einschätzungen des Bundesrates, dass für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen Handlungsbedarf vorliegt. Der Elternverein wünscht sich, dass die Umsetzung konkreter Massnahmen zeitnah an die Hand genommen werden. Er wird aus diesem Grund bei der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) und der Regierungen der 26 Kantone vorstellig.  

Zum ersten Mal überhaupt existieren wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über das Leben mit Autismus in der Schweiz. Als Antwort auf das Postulat 12.3672 vom September 2012 von Ständerat Claude Hêche hat der Bundesrat eine Forschungsstudie veröffentlicht, welche die Herausforderungen für Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung aufzeigt. Der Forschungsbericht enthält acht konkrete Empfehlungen, die in einem ergänzenden Bericht des Bundesrates kommentiert worden sind. Sowohl das Forschungsteam als auch der Bundesrat sind sich einig – im Autismus-Bereich herrscht Handlungsbedarf. So schreibt etwa der Bundesrat in seinem Bericht: «In den letzten 10 bis 15 Jahren wurden im Bereich Autismus grosse Fortschritte erzielt. Von einer Idealsituation sind wir jedoch noch weit entfernt.» Bedarf besteht in allen sechs untersuchten Arbeitsfeldern: Von der Diagnostik über Interventionen, Bildung und Erziehung, berufliche Integration bis hin zur Familienunterstützung respektive Förderung der Autonomie und der Beratung.

Postulat bringt Stein insRollen

Ständeratspräsident Claude Hêche (SP/JU), der mit seinem Postulat im September 2012 den Stein ins Rollen gebracht hatte, fühlt sich durch die Studie bestätigt: «Das ist ein grosser Schritt nach vorne, insbesondere im Sinne der Wahrnehmung und Anerkennung. Ich bin sehr zufrieden mit den statistischen Auswertungen und den regionalen Analysen. Die aufgedeckten Mängel durch Fachpersonen und Eltern werden bestätigt, insbesondere in den Bereichen Diagnostik, Betreuung und Unterstützung von Familien. Der qualitativ hochstehende Bericht hat eine wichtige Signalwirkung, denn er nimmt den Bund und die Kantone in die Verpflichtung, zu handeln. Ich werde dafür besorgt sein, dass der angestossene Prozess in einem angemessenen Tempo – im Bedarfsfall auch etappiert – weitergeführt wird, um die Empfehlungen vom Bundesrat zu konkretisieren.»

Eltern fühlen sich allein gelassen

Auch der Elternverein autismusschweiz fühlt sich durch den Bericht in seinen Einschätzungen gestützt. «Die Forschungsresultate decken sich mit den Erfahrungen, die Eltern und Selbstbetroffene in ihrem Alltag machen. Sei es auf der Suche nach einem geeigneten Therapieplatz für Kleinkinder, bei der Integration in eine Regelschule, beim Übertritt ins Erwerbsleben oder in eine Erwachseneninstitution: Eltern und Selbstbetroffene fühlen sich vielfach alleine gelassen und finden keine Angebote, die ihren Bedürfnissen entsprechen“, umschreibt Cécile Bachmann, Präsidentin von autismusschweiz und selbst Mutter eines Jugendlichen mit Autismus, die momentane Situation.

Elternverein will Beschleunigung

Als Dachorganisation für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen wird sich autismusschweiz nun dafür einsetzen, dass die im Bericht definierten Handlungsempfehlungen weiter definiert und schnellstmöglich umgesetzt werden können. Die Verantwortlichen sind insbesondere etwas besorgt darüber, dass der Bundesrat nun als nächsten Schritt plant, eine weitere Arbeitsgruppe einzusetzen, welche bis Ende 2016 die Empfehlungen nochmals eingehend überprüfen soll. Damit geht zu viel wertvolle Zeit verloren.

Aus diesem Grund wird sich autismusschweiz nun in einem nächsten Schritt in einem Schreiben an die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) sowie an die Regierungen der Kantone selbst wenden und um die Einsetzung eines Spezialmandates bitten, damit der erforderliche Abstimmungsprozess zwischen Bund und Kantonen beschleunigt werden kann. Die Regierungen der 26 Kantone koordinieren sich über die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), um kantonale Interessen auf Bundesebene geeint vertreten zu können. «Wir können und dürfen mit der Umsetzung von dringenden Massnahmen nicht mehr länger zuwarten. Seit der Einreichung des Postulats von Ständeratspräsident Claude Hêche sind bereits drei Jahre vergangen, ohne dass sich für die Betroffenen etwas getan hätte. Nun müssen konkrete Schritte folgen», äussert sich Cécile Bachmann weiter.

37_autismus