Mit dem Basislehrjahr «Splitting» gegen den Fachkräftemangel

Roger Erni ist Geschäftsführer von ICT Berufsbildung Zentralschweiz. Bild zVg.

ADLIGENSWIL – Im Kampf gegen den Fachkräftemangel in der Informatikbranche geht der Verband ICT Berufsbildung Zentralschweiz neue Wege. Vom Modell «Splitting» profitieren Lehrbetriebe und Lernende gleichermassen. Der Clou: Das neue Basislehrjahr wird nicht in einem Block, sondern über vier Semester «gesplittet». Mit der CSS Versicherung konnte bereits ein prominentes Unternehmen für das Projekt gewonnen werden.

Roger Erni, Geschäftsführer des Verbandes ICT Berufsbildung Zentralschweiz, ist überzeugt: «ICT- Berufe sind nicht nur spannend und abwechslungsreich, sie bieten jungen Leuten auch hervorragende Zukunftsperspektiven.» Trotzdem leidet die Branche unter einem ansteigenden Fachkräftemangel. Bis 2020 werden der Schweiz rund 25’000 Informatiker fehlen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, ruft der Verband nun das neue Basislehrjahr «Splitting» ins Leben. Das Angebot richtet sich an Informatik-Lehrbetriebe aus den Kantonen Luzern, Ob- und Nidwalden sowie an Mediamatik-Betriebe aus der ganzen Zentralschweiz. «Angesprochen werden alle Betriebe, die junge Fachleute ausbilden möchten, ohne jedoch die einführenden Grundlagen der Ausbildung gewährleisten zu können oder wollen», erklärt Roger Erni den Hintergrund des Angebots.

Intensiver Praxistransfer steht im Fokus
Das Modell «Splitting» unterscheidet sich massgeblich von bereits bekannten Basislehrjahren und ist in dieser Form einzigartig. Beim neuen Modell werden die Lernenden nicht wie sonst üblich in einem Block, sondern während zwei der ersten vier Semester ausserhalb des Lehrbetriebes auf ihren Job vorbereitet. Das Basislehrjahr wird somit «gesplittet». Dadurch kann gerade der anspruchsvolle Übergang von der Sekundarschule ins Berufsleben optimal gestaltet werden. Während das erste und das vierte Semester im Ausbildungszentrum in Adligenswil stattfinden, dienen das zweite und das dritte Halbjahr der Grundbildung im Betrieb. Um den Transfer zwischen Ausbildung und Praxis optimal zu fördern, soll während des vierten Semesters zudem mindestens ein Tag pro Woche produktiv und projektbezogen gearbeitet werden. Im Idealfall wird dabei auch der Lehrbetrieb in das Projekt eingebunden. Weiter sind auch sämtliche Überbetrieblichen Kurse (ÜK) in den beiden Halbjahren integriert. Im modernen Ausbildungszentrum in Adligenswil werden die Lernenden mit Gleichaltrigen auf den Berufsalltag vorbereitet, ohne dabei von Beginn an dem gesamten Druck der zum Teil harten ICT-Berufswelt ausgeliefert zu sein.

Im August 2016 gehts los – mit der CSS

Das «Splitting»-Pilotprojekt startet am 1. August 2016 mit mehreren Lernenden. Mit der CSS Versicherung konnte bereits das erste prominente Unternehmen für das Projekt begeistert werden. «Mit dem neuen Modell engagiert sich ICT Zentralschweiz aktiv gegen den Fachkräftemangel in der ICT- Branche. Dieses Engagement will auch die CSS unterstützen», erklärt Steve Marra, Leiter Berufsbildung bei der CSS Versicherung den Hintergrund der Zusammenarbeit. Marra glaubt an den Erfolg des Splitting- Modells und kann sich deshalb gut vorstellen, dass die CSS auch in Zukunft und langfristig bei dem Modell mitmacht. Roger Erni von ICT Berufsbildung Zentralschweiz ist guter Dinge, dass bald weitere Betriebe folgen werden: «Mit dem Angebot bieten wir Lehrbetrieben und Lernenden ein innovatives und attraktives Gesamtpaket, das nicht nur für die Zentralschweizer Ausbildungsbetriebe, sondern auch für weitere Regionen wegweisend werden könnte.»

Infoveranstaltung

Interessierte Betriebe erhalten am 15. und 30. September in Adligenswil einen Einblick in das neue Berufsbildungsangebot. Der Verband ICT Berufsbildung Zentralschweiz führt in Adligenswil überbetriebliche Kurse für die Berufsbilder Informatik, Mediamatik und Informatikpraktik durch und koordiniert den Bildungsauftrag zwischen den Betrieben und den Berufsfachschulen. Daneben bietet der Verein interessierten Schülern regelmässig Schnuppertage für vier verschiedene ICT-Berufe an. Der Verein zur Förderung der ICT Berufsbildung feierte 2014 sein 20-jähriges Bestehen. Mehr Infos unter www.ict-bz.ch, Anmeldung unter www.ict-bz.ch/events.

 

Roger Erni ist Geschäftsführer von ICT Berufsbildung Zentralschweiz. Bild zVg.
Roger Erni ist Geschäftsführer von ICT Berufsbildung Zentralschweiz. Bild zVg.

Interview mit Steve Marra, Leiter Berufsbildung CSS Versicherung

«Diese Investition lohnt sich»

Steve Marra, warum hat sich die CSS Versicherung dazu entschieden, als erstes Unternehmen beim Basislehrjahr «Splitting» mit zumachen?

Marra: Es gehört zur Grundphilosophie unseres Unternehmens, dass wir stets offen sind für neue und innovative Ideen. Mit dem neuen Modell engagiert sich ICT Berufsbildung Zentralschweiz aktiv gegen den Fachkräftemangel in der ICT-Branche. Dieses Engagement will auch die CSS unterstützen.

Spüren Sie bei der CSS Versicherung den Fachkräftemangel in der Informatik-Branche?

Marra: Bislang hatten wir das Glück, stets gute Lernende zu finden. Fakt ist aber, dass auf dem Arbeitsmarkt langfristig zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte vorhanden sein werden. Deshalb wollen wir künftig noch mehr in die Grundausbildung von ICT-Fachkräften investieren.

Was bedeutet das konkret?

Marra: Bis jetzt hatten wir jeweils zwei neue ICT-Lernende pro Jahr. Ab 2016 sind es vier. Wir sind überzeugt, dass sich diese Investition lohnt.

Warum ist das Modell «Splitting» für die CSS interessant?

Marra: Nach dem Übertritt von der Sekundarschule ins Berufsleben sind die Lernenden vor allem zu Beginn auf grosse Unterstützung angewiesen. Die jungen Leute lernen eine völlig neue Welt kennen und müssen viel Neues lernen. Dass die Lernenden beim «Splitting»-Modell im ersten Semester der Lehre von ICT Berufsbildung Zentralschweiz betreut werden, erleichtert uns die Arbeit. Wenn sie dann im zweiten bzw. im vierten Semester in den Betrieb zurückkehren, ist schon sehr viel mehr möglich. Davon profitieren letztlich beide Seiten – die Lernenden und wir als Betrieb.

Sie haben sich als erstes Unternehmen für das Modell «Splitting» entschieden. Gehen Sie damit auch ein gewisses Risiko ein?

Marra: Wer nichts wagt, der nicht gewinnt. Wir sind überzeugt, dass dieses Modell langfristig Erfolg haben kann. Wir sind gespannt auf unsere Erfahrungen im Pilotjahr und können uns gut vorstellen, auch in Zukunft bei dem Modell mitzumachen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass auch andere Unternehmen Interesse zeigen und mitziehen. Wenn es am Ende des Tages mehr qualifizierte ICT-Fachleute gibt, profitiert schliesslich die gesamte Branche. Und genau darum geht es doch.