Kafi Huerenaff hat viele «Anhänger»

Kafi Täsch | Bild Lars de Groot

Das «Kafi Träsch» kennen fast alle Luzerner – und sogar Luzernerinnen. Das «Kafi Luz» kennt fast die ganze Schweiz. Bräuche, Geschichten und Rezepte machen das Kafi mit Schnaps zum Luzerner Brauchtum – oder sogar Kulturgut, eben gerade an der Fasnacht.

er. Zugegeben: Ein Kafi mit Schnaps ist keine reine Luzerner Angelegenheit – nicht einmal eine alleinig innerschweizerische. Auch in andern Ländern wird Kaffee mit «Geistigem» angereichert, vom italienischen «Corretto» über den spanischen «Carajillo», den «Café Caën» in der Normandie bis zum auch bei uns beliebten «Irish Coffee». Sie haben mit unserem Kafi Schnaps einiges gemein; sie sind alle süss, hochprozentig mit einheimischen, gebrannten Spezialitäten, aber schwarz und oft mit einer «Haube», wo hingegen unser Luzerner Kafi immer hell ist und im hohen Kafiglas getrunken wird – in allen Varianten. Das war nicht immer so.

Spurensuche im Kafi
Der berühmteste, schweizerische Kaffee mit Schnaps ist unser Kafi Träsch, auch Kafi fertig oder Kafi Buffet genannt. Kenner und Liebhaber sprechen liebevoll von «das Kafi», während Imitatoren wie die Zürcher es einfach «der Kafi Luz» benennen. Und auch das Trio Eugster singt «En Kafi mit Schnaps» und weiss immerhin, dass dazu gejasst und gerne ein Stumpen geraucht wird. Und wenn wir schon beim Kafi-Gesang sind: Das vielbesungene «Urnerbode-Kafi» lehnt sich an eine Innerschweizer Kafi-Tradition an, mit starkem, dunklem Kafi im Glas mit Schlagrahm und der «Güggs» ist bei den Walkers im Gasthaus Urnerboden «geheim». Zudem wird das Kafi mit Schnaps auch Cheli genannt «i de Ländere hinde». Als «Obwaldner Nationalgetränk» kann man auch einfach ein «Chriiter» oder «Träsch» bestellen und erhält ein Cheli, das früher im Chessi auf dem offenen Feuer «gebraut» und auch mit Muskat oder Zimt gewürzt wurde. In gewissen Gegenden hat fast jeder Landgasthof sein spezielles Kafi-fertig-Rezept, und manches wird mit Rahm «getarnt». Das «Bätzi» ist gemäss Stähli’s Distiboutique die bernische Version von «Träsch».Womit wir uns dem Luzernerland nähern – dem Entlebuch.

Ursprung im Entlebuch?
Alte Dokumente führen ins Entlebuch im 18. Jahrhundert. Dort soll damals das Schnapstrinken so beliebt gewesen sein, dass die Behörden von einer Schnapsseuche sprachen und ein Brenn- und Trinkverbot erliessen. Der Legende nach täuschten die Entlebucher die Behörden, indem sie den Schnaps im Kaffee «versteckten». War damit das Luzerner Kafi Schnaps geboren? Ein altes Rezept für «Äntlibuecher Kafi» besagt: «Das Kaffeepulver mit dem Wasser und einem Stück Tannenchries in einer Pfanne knapp bis vors Kochen bringen, dann beiseite stellen, bis sich der Kaffeerückstand gesetzt hat. Dann das Chries entfernen». Auch als Medizin wurde gern Kafi getrunken, nicht nur mit «Chrüter», sondern auch mit Härdöpfeler, was dann «Bodesee-Kafi» genannt wurde. Aus dem Entlebuch dürfte auch der Brauch stammen, soviel dunkeln Kafi ins Glas zu giessen, bis man den Löffel nicht mehr sieht, und dann soviel Schnaps, bis man ihn wieder sieht. Oder: mit dem Kafi im Glas samt Löffel anzustossen. Deshalb sagt man den Entlebuchern nach, sie hätten ein «Löchli im Bagge», vom Löffel im Kafiglas!

Kafi Mänzbärg geht fremd
Erstaunlich sind die Zutaten beim «Kafi Mänzbärg». Dort ist man stolz auf eine Spezialität mit Zutaten, die allesamt von ausserhalb des Dorfes stammen. Einzig das Kafiwasser stammt aus Menzberger Quellen. Rum aus der Karibik und Kirsch aus dem Kanton Schwyz oder Zug zusammen mit Kaffee, der meistens aus Brasilien stammt, machen diesen einzigartigen Kafi aus. Das war eben keine Menzberger Erfindung. Internierte Soldaten der Bourbaki-Armee aus Frankreich, welche in Menzberg gegen Ende des 19. Jh. weilten, sollen diesen Mix in der Not kreiert haben, weil ihnen die Träsch- und Kräutermischungen wohl etwas zu derb waren. Das Luzerner Kafi kennt also keine Grenzen.

Vom Bätzi zum Huerenaff
Wie das Kafi Träsch zu uns gelangte und sich in unzähligen Varianten und Namen verbreitete, wäre historisch noch zu erforschen. Das Kafi Träsch wurde jedenfalls bald verfeinert, etwa mit Zwätschge, Kirsch, oder Pflümli mit Schümli, und mit dem Träsch von Theilersbirnen zur Rarität. So sollte denn diese Luzerner Spezialität geehrt werden – zumindest fasnächtlich. «Huerenaff» ist ein Ehrentitel für Luzerner Fasnächtler, die auf besonders originelle und amüsante Art provozieren. Das Kafi Huerenaff wird traditionsgemäss am Luzerner Fasnachtsmäärt unter der Egg ausgeschenkt. Wer es bestellt, bekommt ein starkes Kafi Luz – also hellen Kaffee mit Luzerner Obstbranntwein. Inzwischen hat es die Fasnacht so stark erobert, dass es schon mal Behörden und Politiker beschäftigte – aber bisher obsiegte. Im «Leue z’Äbike» gab es einst ein «Gluggsi-Kafi». Aber: Es ist Konkurrenz aufgekommen, etwa mit Hagebuttentee und Zwetschgenschnaps, als «Holdrio», oder dem Pfefferminztee mit Träsch als «Häxetee» – ganz zu schweigen von den modernen Alcopos.

Ein Kafi zum Zeitunglesen
Für das Original Kafi Huerenaff gibt man 2 – 3 Würfel Zucker und einen Löffel ins Glas, bedeckt diese einen Finger dick über dem Zucker mit Apfel- und Birnenträsch und giesst mit dünnem Kaffee auf. Umrühren, anstossen und geniessen. Kein Wunder, hat das Kafi Luz so viele «Anhänger». Und es gilt auch hier: das Luzerner Kafi soll so dünn sein, dass man die Jasskarten hindurch erkennt oder die Zeitung durch den Kaffee lesen kann – zum Beispiel den «Rontaler» – ganz ohne Kaffeesatz!